Wer hat’s erfunden? Die wahren Ursprünge unserer Küchenklassiker
In der heutigen, globalisierten Welt hat sich eine weitverzweigte internationale Küche entwickelt. „Fusion Food“ verbindet Zutaten und Techniken aus unterschiedlichen Kulturen und bringt so Vielfalt auf den Teller. Doch auch manche Küchenklassiker haben nicht unbedingt dort ihren Ursprung, wo man sie intuitiv verortet. Namen und Zutaten täuschen manchmal über ihre tatsächliche Herkunft hinweg. Werfen wir also einen Blick darauf, woher einige unserer beliebtesten Klassiker wirklich stammen.
Hamburger – mehr als nur ein Stück Amerika
Zwar gilt der Hamburger als typisches US-amerikanisches Gericht, doch seine Wurzeln führen auch nach Deutschland. In Hamburg gab es im 19. Jahrhundert das „Rundstück warm“ – ein Brötchen mit Fleisch. In den USA tauchte dann das „Hamburger Steak“ auf, ein Hacksteak nach Hamburger Art. Eine der bekanntesten Geschichten erzählt von Louis Lassen, einem deutschstämmigen Imbissbesitzer in New Haven, Connecticut, der um 1900 einem eiligen Gast Hackfleisch zwischen zwei Toastscheiben servierte. Dieser erste „Steak Sandwich“ wird heute oft als Urform des Hamburgers gesehen. In „Louis’ Lunch“, das bis heute existiert, gibt es noch immer diese ursprüngliche Version – ganz ohne Ketchup oder Mayo. Ganz eindeutig ist die Erfindungsgeschichte nicht, aber eines ist sicher: Der Hamburger ist keine rein deutsche Idee.
Döner Kebab – vom Teller in die Hand
Auch der Döner Kebab hat eine bewegte Geschichte. Im Osmanischen Reich, genauer in der Stadt Bursa, wurden bereits im 19. Jahrhundert Fleischgerichte vom Spieß zubereitet – allerdings serviert auf Tellern, mit Reis, Gemüse und Joghurt. In der Türkei verbreitete sich das Gericht schnell, doch die eigentliche „Snack-Revolution“ fand viel später in Deutschland statt. Türkische Gastarbeiter brachten ihre Küche ab den 1960er-Jahren mit, und 1972 soll Kadir Nurman in West-Berlin den Döner erstmals im Fladenbrot verkauft haben – mit Salat und Saucen. Von da an begann sein Siegeszug in ganz Deutschland und schließlich auch zurück in die Türkei. Heute ist der Döner einer der beliebtesten Snacks überhaupt – ein schönes Beispiel für kulinarische Kulturkreise im Austausch.
Chop Suey – chinesisch oder amerikanisch?
Chop Suey klingt chinesisch, ist aber in China selbst kaum bekannt. Stattdessen gilt es als Kreation der chinesischen Diaspora in den USA. Eine Version der Legende besagt, der sinoamerikanische Diplomat Li Hongzhang habe bei einem Besuch in den Vereinigten Staaten ein Gericht gewünscht, das sowohl chinesischen als auch westlichen Gaumen gefiel. Sein Koch soll daraufhin Gemüse- und Fleischreste im Wok gebraten haben – das Ergebnis: Chop Suey. Ganz aus der Luft gegriffen ist die Idee nicht, denn in der südchinesischen Region Taishan gibt es sehr ähnliche Gerichte. Und genau von dort wanderten viele Menschen nach Amerika aus. Chop Suey ist also ein Beispiel dafür, wie Emigranten alte Rezepte in neue Kontexte übertragen – und dabei Klassiker entstehen lassen.
Spaghetti Bolognese – italienisch oder amerikanisch?
Kaum ein Gericht wird so sehr mit Italien verbunden wie Spaghetti Bolognese. Doch wer in Bologna ein Ragù alla bolognese bestellt, bekommt in der Regel keine Spaghetti, sondern Tagliatelle. Das Ragù selbst ist zwar eine echte Spezialität der Emilia-Romagna, aber die Kombination mit Spaghetti ist eher ein Exportprodukt. Schon 1917 veröffentlichte Julia Lovejoy Cuniberti in ihrem Kochbuch „Practical Italian Recipes for American Kitchens“ ein Rezept für „Spaghetti bolognese“. Sie passte italienische Klassiker an die Realität in den USA an, wo Spaghetti einfacher erhältlich waren als frische Tagliatelle. Heute gilt das Gericht weltweit als italienischer Klassiker – in Italien selbst schmunzelt man allerdings darüber.
Fazit – kulinarische Reisen rund um die Welt
Die Geschichten dieser Gerichte zeigen, dass Essen nie stillsteht. Menschen reisen, wandern aus, passen Rezepte an, erfinden neu – und so entstehen Klassiker, die am Ende mehreren Kulturen gehören. Der Hamburger, Döner Kebab, Chop Suey und Spaghetti Bolognese sind nicht nur Speisen, sie sind Symbole für Austausch und Vielfalt. Genau darin liegt ihr Reiz: In jeder Gabel steckt ein Stück Geschichte, Migration und kreative Anpassung. Und am Ende zählt vor allem eines – dass sie uns schmecken und verbinden.
